Carola Felchner ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und geprüfte Trainings- und Ernährungsberaterin. Sie arbeitete bei verschiedenen Fachmagazinen und Online-Portalen, bevor sie sich 2015 als Journalistin selbstständig machte. Vor ihrem Volontariat studierte sie in Kempten und München Übersetzen und Dolmetschen.
Ein Schlangenbiss kann unterschiedliche Vergiftungssymptome verursachen, wenn eine Giftschlange zugeschnappt hat. Hierzulande kann etwa ein Kreuzotterbiss Vergiftungserscheinungen auslösen, während ein Ringelnatterbiss ungiftig ist. Lesen Sie hier, welche Erste-Hilfe-Maßnahmen Sie bei einem Schlangenbiss ergreifen sollten, was nicht ratsam ist und wie sich ein Schlangenbiss vermeiden lässt!
Achtung:
Bei einem Schlangenbiss zielt Erste Hilfe vor allem darauf ab, eventuelle Giftwirkungen zu verzögern, bis der Patient ärztlich versorgt werden kann. Außerdem geht es darum, die Schmerzen und Angst des Patienten zu verringern. Im Detail sieht die Erste Hilfe bei Schlangenbissen wie folgt aus:
Die Maßnahmen, die in vielen Filmen nach einem Schlangenbiss ergriffen werden, sind oft alles andere als ratsam. Unter Umständen schaden sie mehr als sie nützen. Folgendes sollten Sie daher nach einem Schlangenbiss beherzigen:
Experten raten auch von der Anwendung von speziellen Geräten zur Ersten Hilfe nach einem Schlangenbiss (Gift-Extraktoren, Elektroschockgeräten) ab.
Wie ein Schlangenbiss aussieht, wissen viele Menschen dank seiner mehr oder weniger charakteristischen Bissmarke zumindest grob: Der Biss zeigt sich meist in Form von zwei nebeneinanderliegenden, punktförmigen Einstichstellen. Falls eine Giftschlange zugebissen hat und dabei tatsächlich Gift injiziert wurde, entwickeln sich weitere Symptome – in der Regel 15 bis 30 Minuten, manchmal aber auch erst einige Stunden nach dem Schlangenbiss.
Schlangengift ist ein wässriges Sekret von speziellen Speicheldrüsen von Giftschlangen. Beim Zubeißen gelangt es meist über einen hohlen Frontzahn im Oberkiefer (bei Trugnattern über Giftzähne im hinteren Rachenbereich) in den Körper des Opfers – allerdings nicht bei jedem Schlangenbiss. Es gibt auch sogenannte „trockene“ Bisse, bei denen eine Giftschlange zwar zubeißt, aber kein Gift in die Haut ihres Opfers injiziert.
Schlangengift besteht aus verschiedenen Eiweißen (Proteinen) mit giftigen und enzymatischen Eigenschaften. Sie können im menschlichen Körper diverse Symptome hervorrufen. Beispielsweise können die sogenannten Phospholipasen die Membranen von Körperzellen abbauen und so sehr viel Gewebe zerstören. Das Enzym Hyaluronidase lockert das umliegende Gewebe auf, sodass sich das restliche Schlangengift rasch ausbreiten kann. Sehr gefährlich sind die Hämorrhagine. Das sind Enzyme, welche die Blutgerinnung beeinträchtigen und die winzigen Gefäße (Kapillaren) schädigen.
Patienten, die nach einem Schlangenbiss ein Gegengift (Antiserum) bekommen haben, können nach einigen Tagen die sogenannte „Serumkrankheit“ entwickeln. Darunter versteht man allergische Spätreaktionen wie Nesselsucht, leichte Gewebsschwellungen (Ödeme) und Gelenkschmerzen. Sie lassen sich mit Medikamenten behandeln (mit Antihistaminika und Kortison).
Schlangenbisse sind meist steril, bringen also in der Regel keine Keime in die Wunde ein. Das bedeutet, es treten in der Regel keine primären Infektionen auf. Allerdings können nachträglich Keime eindringen und dann eine sogenannte sekundäre Infektion auslösen. Das passiert aber selten.
Ein überstandener Schlangenbiss hat in der Regel keine bleibenden Folgen – abgesehen von möglichen Gewebsverlusten (durch Nekrose) und eventuell einer Amputation. Letztere kann etwa notwendig werden, wenn die Bisswunde unsachgemäß behandelt wurde.
Bis zur vollständigen Genesung nach einem Schlangenbiss können Wochen oder sogar Monate vergehen.
Kreuzottern zählen zu den Vipern und sind die häufigsten Giftschlangen im deutschsprachigen Raum. Wurde bei einem Kreuzotterbiss (ausreichend) Gift injiziert, bildet sich um die Bissmarke rasch eine schmerzhafte Schwellung. Diese kann sich bläulich verfärben und sich auf die gesamte Extremität und noch weiter ausbreiten. Häufig schwellen zudem die Lymphknoten in der betreffenden Körperregion an, und die Lymphgefäße entzünden sich (Lymphangitis).
Darüber hinaus zeigen viele Patienten nach einem Kreuzotterbiss zum Teil heftige Panikreaktionen. Allgemeinsymptome wie Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen werden ebenfalls manchmal beobachtet.
Nur in seltenen Fällen entwickeln sich schwerere Vergiftungssymptome. So kann sich etwa an der Bissstelle eine bläuliche Blase bilden und Gewebe absterben (Nekrose). Auch schwere Kreislaufprobleme mit Herzrasen, Blutdruckabfall und Kreislaufschock sind eher die Ausnahme.
Gelegentlich schwillt als allergische Reaktion auf den Kreuzotterbiss das Gewebe im Bereich der Augen, der Oberlippe, der Zunge und des Kehlkopfes an (angioneurotisches Ödem). Ganz selten löst ein Kreuzotterbiss bei Kindern Benommenheit aus.
Es hängt wesentlich von der Zusammensetzung und Dosis der injizierten Giftmischung ab, welche Symptome auftreten, wie heftig diese sind und wie gefährlich es für den Patienten werden kann. Im Wesentlichen unterscheidet man fünf Symptomkomplexe, die nach Schlangenbissen auftreten können:
Das bei einem Schlangenbiss injizierte Gift kann das periphere Nervensystem blockieren. Dann treten Lähmungen der quergestreiften Muskulatur auf. Zu den ersten Anzeichen zählen ein Herabhängen der oberen Augenlider (Ptosis) und Lähmungserscheinungen der Gesichts- und Kiefermuskulatur. Im weiteren Verlauf greift die Lähmung auf die Atemmuskulatur über, was zum Erstickungstod führen kann.
Diese neurotoxischen Schlangenbiss-Symptome werden beispielsweise von Kobras, Mambas, Seeschlangen und einigen Klapperschlangen hervorgerufen.
In manchen Fällen wirkt Schlangengift toxisch auf die quergestreifte Muskulatur und schädigt sie. Daraus resultieren teils starke Muskelschmerzen.
Die Zerstörung des Muskelgewebes macht sich auch dadurch bemerkbar, dass im Blut der Kreatinkinase-Wert ansteigt und im Urin Myoglobin nachweisbar ist: Beide Eiweiße liegen normalerweise im Inneren der Muskelzellen vor und werden bei der Zellzerstörung freigesetzt.
Das freigesetzte Myoglobin färbt den Urin dunkelbraun. Außerdem kann es die Tubuluszellen in den Nieren schädigen, was zu Nierenversagen führen kann.
Solche myotoxischen Symptome kann beispielsweise der Biss einiger Vipern, Klapperschlangen, Giftnattern und Seeschlangen nach sich ziehen.
Häufig löst ein Schlangenbiss eine Blutgerinnungsstörung aus, bis hin zur sogenannten Verbrauchskoagulopathie (disseminierte intravasale Gerinnung): Das Gift aktiviert zuerst das Gerinnungssystem. Dadurch bilden sich zahlreiche kleine Blutgerinnsel, die feine Gefäße verstopfen können. Die Gerinnselbildung verbraucht zudem so viele Substanzen, die für die Gerinnung notwendig sind (wie Blutplättchen, Gerinnungsfaktoren), dass es zu entsprechenden Mangelzuständen kommt. Das kann so weit gehen, dass das Blut schließlich gar nicht mehr gerinnen kann. Unstillbare Blutungen (wie Blutungen aus Wunden, Zahnfleisch- und Nasenbluten) sind die Folgen. Auch Bluterbrechen und blutiger Urin können auftreten.
Vor allem nach einem Vipern-Schlangenbiss, aber auch nach dem Biss von Trugnattern (wie afrikanischen Baumnattern) kann sich eine solche schwere Blutgerinnungsstörung entwickeln.
Wenn der Gewebebereich rund um den Schlangenbiss anschwillt (Ödem), deutet dies darauf hin, dass tatsächlich Gift injiziert wurde. Das Ödem kann massiv ausfallen und sich rasch auf den ganzen Arm oder das ganze Bein ausbreiten. Stammt der Biss von einer Viper oder Klapperschlange, bilden sich um die Bissstelle ausgedehnte Unterblutungen der Haut (mit Blasen). Zudem stirbt umliegendes Gewebe ab (Gewebsnekrose).
Gelegentlich löst ein Schlangenbiss Schock und Kreislaufprobleme aus, also beispielsweise Übelkeit, Schwächegefühl und Schwindel.
Wenn jemand nach einem Schlangenbiss Erbrechen, Schwäche, Blässe und Schweißausbrüche entwickelt, muss nicht zwangsläufig Schlangengift der Grund dafür sein. Solche Symptome können auch psychisch bedingt sein, also durch die Panik des Betroffenen ausgelöst werden. Schließlich versetzt ein Schlangenbiss die meisten Menschen in große Angst.
Grundsätzlich ist jeder Schlangenbiss ein potenzieller Notfall und sollte als solcher behandelt werden. Das bedeutet: Bringen Sie den Betroffenen immer zum Arzt oder rufen Sie den Rettungsdienst.
Die gute Nachricht: Etwa 50 Prozent aller Schlangenbisse (auch von Giftschlangen) sind „trockene“ oder „leere“ Bisse, bei denen kein Gift injiziert wurde. Sie hinterlassen zwar eine Bissmarke, aber verursachen keine weitreichenden Vergiftungssymptome wie Muskel- oder Nervenschäden. Das gilt auch bei einem Kreuzotterbiss. Selbst wenn dabei Gift injiziert wurde, dann oft nur so wenig, dass sich außer einer lokalen Schwellung an der Bissstelle keine weiteren Symptome entwickeln. Nur selten verursacht ein Kreuzotterbiss eine schwere Vergiftung und Todesfälle sind sogar die absolute Ausnahme.
Da sich im Einzelfall aber meist nur schwer einschätzen lässt, wie gefährlich der Schlangenbiss ist, sollte ihn sich immer ein Arzt ansehen.
Wenn Sie von einer Schlange gebissen wurden, wird der Notarzt/Arzt Sie beziehungsweise eventuelle Begleitpersonen zuerst nach notwendigen Informationen fragen. Mögliche Fragen sind zum Beispiel:
Der Arzt wird Sie dann umgehend untersuchen. Er inspiziert sorgfältig die Bisswunde, prüft Ihre Vitalfunktionen (wie Atmung und Blutdruck) und entnimmt Blut- und Urinproben zur Analyse im Labor. So schnell wie möglich wird er dann eine passende Therapie einleiten.
Der Arzt wird die Bisswunde steril versorgen und den weiteren Verlauf genau beobachten. Dazu wird er Puls, Blutdruck, Atmung und neurologische Werte überwachen.
Darüber hinaus wird er die verschiedenen Symptome nach Bedarf behandeln. Wenn Sie etwa starke Schmerzen haben, bekommen Sie schmerzstillende Medikamente (Analgetika). Bei Kreislaufproblemen erhalten Sie wahrscheinlich Flüssigkeit und Elektrolyte (als Infusion) und eventuell auch Blutdruck-steigernde Medikamente. Bei Atemproblemen kann eine künstliche Beatmung notwendig sein.
Ist es infolge einer Myoglobin-Ausscheidung mit dem Urin zu einem Nierenversagen gekommen, ordnet der Arzt eine Blutwäsche (Hämodialyse) an.
Gegen manche Schlangengifte ist ein Gegengift (Antiserum) verfügbar. Es wird bei schweren Vergiftungssymtpomen direkt in eine Vene verabreicht. Das sollte nur ein Arzt machen, weil der Patient eventuell allergisch darauf reagiert. Im schlimmsten Fall kommt es zu einem schweren allergischen Schock (anaphylaktischer Schock), der sofort ärztlich behandelt werden muss!
Ein Gegengift sollte immer so rasch wie möglich nach einem Schlangenbiss verabreicht werden. Je mehr Zeit vergeht, desto höher muss die Dosis des Antiserums sein und desto geringer sind die Erfolgsaussichten der Behandlung (Ausnahme: Bei einer Störung der Blutgerinnung durch den Schlangenbiss ist die Gabe eines Antiserums jederzeit hilfreich).
Falls Sie keinen Impfschutz gegen Tetanus (Wundstarrkrampf) besitzen, wird der Arzt Ihnen sicherheitshalber eine Tetanusspritze geben.
Abgestorbenes (nekrotisches) Gewebe wird meist erst einige Tage nach dem Schlangenbiss abgetragen. Die entstandene Wundfläche wird gegebenenfalls durch ein Hauttransplantat bedeckt.
Um einen Schlangenbiss zu vermeiden, sollten Sie folgende Ratschläge beherzigen – besonders, wenn Sie in tropisch-subtropischen Gegenden unterwegs sind:
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Carola Felchner ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und geprüfte Trainings- und Ernährungsberaterin. Sie arbeitete bei verschiedenen Fachmagazinen und Online-Portalen, bevor sie sich 2015 als Journalistin selbstständig machte. Vor ihrem Volontariat studierte sie in Kempten und München Übersetzen und Dolmetschen.
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